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Handlungen angeht, alle darin einig, daß Haß, Stolz, böse Absichten,
Habsucht, Neid, Gier, Lust, schädliche Ideologien (wie etwa Rassismus)
und so weiter gemieden werden müssen.
Mancher mag sich fragen, ob die Gebote gegen die sexuellen
Verfehlungen heutzutage wirklich noch nötig sind, da es einfache und
wirksame Methoden der Empfängnisverhütung gibt. Dazu ist folgendes zu
sagen: Als menschliche Wesen werden wir ganz natürlich von äußeren
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Dingen angezogen, sei es durch die Augen, wenn uns eine Form oder
Gestalt gefällt, sei es durch die Ohren, wenn uns ein Klang anzieht, oder sei
es durch eines der anderen Sinnesorgane. Und jeder dieser
Wahrnehmungsbereiche ist in der Lage, uns Probleme zu bereiten. Die
sexuelle Anziehung erfaßt jedoch alle fünf Sinne. Trifft daher ein extremes
Begehren auf sexuelle Reize, dann kann das enorme Schwierigkeiten
verursachen. Ich glaube, daß es dieser Umstand ist, der den ethischen
Vorschriften gegen sexuelle Verfehlungen in allen größeren Religionen
zugrunde liegt. Und zumindest in der buddhistischen Lehre werden wir
auch daran erinnert, daß sexuelles Begehren dazu neigt, zur Sucht zu
werden. Es kann schnell einen Punkt erreichen, an dem jemand so gut wie
keinen Raum für konstruktive Aktivitäten mehr hat. Stellen wir uns in
diesem Zusammenhang einen Fall von Untreue vor. Wenn es zu einem
stimmigen ethischen Verhalten gehört, daß man die Auswirkungen seiner
Handlungen nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf andere bedenkt,
dann muß man hier die Gefühle Dritter mit berücksichtigen. Außer der
Tatsache, daß wir unserem Partner Leid zufügen, weil sich eine Beziehung
auf Vertrauen gründet, erhebt sich hier auch die Frage, welche dauerhaften
Auswirkungen ein solches Familiendrama auf unsere Kinder haben wird.
Man stimmt überall auf der Welt weitgehend darin überein, daß sie bei
Familienzerwürfnissen und Ehekrisen die Hauptleidtragenden sind. Aus
unserer eigenen Sicht als Täter müssen wir zudem erkennen, daß
wahrscheinlich der negative Effekt eintreten wird, daß unsere Selbstachtung
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allmählich schwindet. Und schließlich ist da noch der Umstand, daß die
Untreue andere höchst negative Handlungen nach sich ziehen kann, wobei
Lügen und Betrügereien noch die harmlosesten sein dürften. Eine
ungewollte Schwangerschaft etwa kann einen verzweifelten angehenden
Elternteil zu einer Abtreibung veranlassen.
Wenn wir sie unter diesem Aspekt betrachten, dann wird deutlich, daß
die vorübergehenden Genüsse einer außerehelichen Affäre von den
wahrscheinlich eintretenden negativen Auswirkungen unseres Handelns
auf uns selbst und auf andere weit in den Schatten gestellt werden. Daher
sollten wir die Einwände gegen sexuelle Verfehlungen weniger als
Beschneidung unserer Freiheit betrachten, sondern sie vielmehr als eine
vernünftige Mahnung ansehen, daß Handlungen dieser Art unser
Wohlbefinden und das anderer unmittelbar beeinträchtigen.
Heißt das, daß das schlichte Befolgen von Regeln Vorrang vor der
weisen Unterscheidung hat? Nein. Ethisch richtiges Verhalten hängt davon
ab, daß wir das Prinzip des Nicht-Verletzens zur Anwendung bringen.
Allerdings wird es immer wieder Situationen geben, in denen wir mit jeder
möglichen Handlung eine Regel verletzen. In einem solchen Fall müssen
wir mit Hilfe unserer Intelligenz entscheiden, welche Handlungsweise auf
Dauer den geringsten Schaden verursacht. Stellen wir uns zum Beispiel vor,
wir sehen jemanden vor Leuten davonlaufen, die Messer tragen und den
Flüchtenden offensichtlich angreifen wollen. Dieser verschwindet in einem
Eingang. Kurz darauf kommt einer aus der Gruppe auf uns zu und fragt,
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wohin der Verfolgte gelaufen ist. Jetzt wollen wir einerseits nicht lügen,
weil wir damit das Vertrauen des anderen verletzen. Wenn wir andererseits
die Wahrheit sagen, könnten wir dazu beitragen, daß ein Mitmensch
verwundet oder gar getötet wird. Wie wir uns auch entscheiden, jede
angemessene Handlung schließt eine negative Tat ein. In solch einer Lage
kann es durchaus richtig sein, wenn wir sagen »Ich habe niemanden
gesehen« oder in eine falsche Richtung deuten, denn wir dienen damit dem
höheren Zweck, jemanden vor Schaden zu bewahren. Wir müssen die
Gesamtsituation betrachten und abwägen, was wir unter dem Strich für am
wenigsten schädlich halten lügen oder die Wahrheit sagen. Anders
ausgedrückt: Zur Beurteilung des moralischen Werts einer Handlung
müssen sowohl Zeit, Ort und Umstände berücksichtigt werden, wie auch
die heutigen und zukünftigen Anliegen aller Menschen. Doch während eine
bestimmte Handlung unter bestimmten Umständen ethisch richtig sein
kann, ist sie das zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort und unter
anderen Umständen möglicherweise nicht.
Was tun wir aber, wenn es um andere geht, wenn ein anderer Dinge tut,
die wir eindeutig für falsch halten? Zunächst müssen wir uns daran
erinnern, daß wir keinesfalls einen genügenden Einblick in die Situation des
Betreffenden haben können, um den ethischen Gehalt seiner Handlungen
eindeutig zu beurteilen, ehe wir nicht sämtliche Umstände äußere wie
innere bis ins letzte Detail kennen. Natürlich gibt es Extremfälle, bei
denen der negative Charakter einer Handlung ganz offensichtlich ist, doch
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meist ist das nicht der Fall. Darum ist es viel sinnvoller, sich auch nur eine
einzige eigene Schwäche bewußt zu machen, als tausend Schwächen bei
einem anderen Menschen zu sehen. Denn eigene Fehler können wir selbst
beheben.
Auch wenn wir im Kopf behalten müssen, daß wir zwischen einer
Person und ihrer Handlung klar zu unterscheiden haben, können wir in
Situationen geraten, die ein Eingreifen erforderlich machen. Im
Alltagsleben ist es normal und richtig, daß wir uns in einem gewissen Maß
auf unsere Freunde und Bekannten einstellen und ihre Wünsche
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