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Mannes schattenhaft in einem leuchtendbunten Mantel ein
Mann? Es war eine große, aufrechte Gestalt mit hoch erhobe-
nem Haupt. Einen Augenblick lang sah er ein Gesicht, eine
gerade Nase und ein scharfgeschnittenes, arrogantes Kinn,
dann nichts mehr. Doch in der Schnelligkeit, mit der jene
Gestalt sich bewegte, lag etwas Unmenschliches. Im näch-
sten Augenblick verschwand sie in einer großen Ruine am
anderen Ende der Lichtung. Als Tamino darüber nachdach-
te, kam ihm die Gestalt nicht menschlich vor. Noch ein Halb-
ling? Er sah das Profil wieder vor sich ein edles, melancholi-
sches Gesicht und unwillkürlich rief er dem verschwunde-
nen Mann nach wenn es sich tatsächlich um einen Mann
handelte:
»He da! Hallo! Komm heraus und sprich mit mir! Ich bin ein
Reisender aus dem Reich im Westen.« Er dachte wieder dar-
an, wie sehr die Halbling-Frau sich vor ihm gefürchtet hatte
und fügte hinzu: »Ich habe nichts Böses im Sinn. Ich will nur
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mit dir sprechen!«
Schweigen. Tamino spürte, wie ihm das Herz in der Brust
klopfte. War es nur die Erregung bei dem Gedanken, nach
einem ganzen Monat der Einsamkeit wieder Menschen zu
begegnen? Oder war es Furcht? Auf der Lichtung blieb alles
still nur das Gras raschelte unter seinen Füßen, und die In-
sekten summten. In der Ferne zwitscherte ein Vogel, und
man hörte ein leises fröhliches Pfeifen. Tamino konnte nicht
entscheiden, ob es sich dabei um einen Vogel oder um einen
menschlichen Laut handelte. Es klang nicht ganz nach einem
Vogel, denn es schien irgendwie einen Zweck zu ver-
folgen.
Wohin war der Fremde wenn es sich tatsächlich um einen
Mann gehandelt hatte verschwunden? Die Lichtung war
leer. Selbst die Vögel schienen zu schweigen.
Dann hörte er ein heiseres Brüllen, und ein glühendheißer
Windstoß traf seinen Kopf. Tamino blickte auf und sah einen
Schatten drohend über sich schweben.
In diesem Augenblick des Entsetzens nahm er nur etwas Rie-
siges wahr, Schuppen und Flügel, eine Andeutung von Fe-
dern und einen schrecklichen Schnabel, der nach seinem
Kopf stieß. Er wich zurück, griff nach seinem Bogen und
spannte ihn schnell, doch der Drachen griff im Sturzflug an.
Tamino duckte sich, warf sich auf den Rücken und lag ausge-
streckt auf dem Mosaikfußboden im Gras der Lichtung. Un-
willkürlich legten seine Finger einen Pfeil auf die Sehne, und
er schoß.
Er mußte sein Ziel getroffen haben, denn Tamino hörte, wie
das Untier wütend brüllte, als es sich von neuem auf ihn
stürzte. Der Drachen war jetzt zu nahe, der Bogen nützte
Tamino nichts mehr. Irgendwie gelang es ihm, das Messer zu
ziehen, nur zu gut wissend, daß es als Waffe nichts taugte
und er sich unbewaffnet der größten Bedrohung seines Le-
bens stellen mußte.
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Blindlings stieß er nach oben. Die riesigen Drachenflügel
nahmen ihm jede Sicht. Der stinkende Atem des Ungeheuers
versengte ihm den Nacken, als er sich umdrehte und ziellos
davonstürzte. Kämpfen war nutzlos. Kein Mensch konnte
allein gegen ein solches Ungeheuer bestehen. Tamino ver-
fluchte das Geschick, das ihn unbewaffnet hierher geführt
hatte. Voll Verzweiflung schoß es ihm durch den Kopf, daß
seine Reise hier enden würde, und Tamino dachte voll Be-
dauern an all das Unbekannte, das er nie sehen oder kennen-
lernen sollte selbst den Prüfungen würde er sich nicht mehr
stellen können.
Mit dem Mut der Verzweiflung drehte er sich
blitzschnell herum und stieß noch einmal mit dem Messer
zu. Er würde wenigstens kämpfend sterben. Der Drachen
sollte ihn nicht rücklings zerhacken und zerreißen. Tamino
wünschte, jemand würde seinen Vater davon benachrichti-
gen, wie er gestorben war und fragte sich verstört, ob es nach
dem Tod noch etwas gab oder ob dies das Ende sei. Das Ge-
brüll des Drachens dröhnte in seinen Ohren. Und noch ein-
mal fand das Messer sein Ziel, bohrte sich tief hinein, und
dunkles übelriechendes Blut strömte über ihn. Doch der Dra-
chen kämpfte weiter; Tamino hatte ihn nicht einmal ernstlich
verwundet.
In diesem dunklen Alptraum von Blut, Gestank und Kampf
hörte er plötzlich helle Stimmen. Tamino sah, wie sich schar-
fe Speerspitzen in den Drachen bohrten, sah ungläubig, wie
das Ungeheuer zu Boden stürzte und verendete. Über ihm
tauchten die Gesichter von Frauen auf: drei Frauen in leder-
nen Rüstungen. Auf dem Brustpanzer funkelten spitze
mondähnliche Sicheln. Im letzten Aufflackern seines Be-
wußtseins dachte er: Sie sehen aus wie die Frauen in den
Bodenmosaiken mit dem Mond auf der Stirn.
War es ein Traum? Waren es die Schutzgeister dieses Ortes?
Waren es nur die letzten ersterbenden Phantasiebilder seines
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Gehirns? Hatte der Drachen ihn doch getötet?
Erschöpft fiel Tamino in eine unendlich tiefe sternenlose
Dunkelheit.
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Viertes Kapitel
Disa versetzte dem toten Drachen einen Fußtritt, dann beug-
te sie sich nieder, um ihn wegzuziehen und gab ihren Schwe-
stern ein Zeichen, ihr dabei zu helfen. Zeshi folgte der Auf-
forderung, aber Kamala blieb reglos stehen und blickte un-
verwandt auf das Gesicht des bewußtlosen Jünglings.
»Ist er wirklich ein Prinz? Mit diesem schäbigen Man-
tel& «
»Er ist der zweite Sohn des Kaisers im Westen, und er heißt
Tamino«, erklärte Disa. »Aber wenn wir den toten Drachen
nicht wegziehen, können wir ihn nicht befreien und ins Le-
ben zurückrufen.«
Kamala wandte nur zögernd den Blick von Taminos lebloser
Gestalt und zog mit ihren Schwestern den toten Drachen bei-
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