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empörte Blick, den sie dem Eindringling zuwarf, war so
durchdringend, daß Poirot sich nur widerstrebend näherte.
«Dieser Salon ist für die Gäste des Hotels reserviert», belehrte
sie ihn mit zürnender Stimme.
«Ich gehöre zu den Gästen des Hotels», klärte Poirot sie
höflich auf.
Die alte Dame überdachte das Gehörte einen Augenblick,
bevor sie ihre Attacke wieder aufnahm.
«Sie sind ein Ausländer», war ihr nächster, keineswegs
freundlicher Ausspruch. «Jawohl.»
«Meiner Meinung nach sollten sie alle zurückgehen»,
trompetete die alte Dame.
«Zurückgehen? Wohin?» erkundigte sich Poirot
verständnislos.
«Dorthin, woher sie gekommen sind.» Und mit etwas
gedämpfter Stimme und verächtlich heruntergezogenen
Mundwinkeln fügte sie hinzu: «Ausländer!»
«Das dürfte schwer sein.» Poirot blieb bei seinem
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zurückhaltend höflichen Ton.
«Unsinn», wies ihn die alte Dame zurecht. «Dafür haben wir
schließlich den Krieg mitgemacht. Dafür haben wir gekämpft,
daß jedermann wieder dahin zurückgeht, wohin er gehört, und
dort bleibt.»
Poirot verzichtete auf eine Diskussion über dieses heiß
umstrittene Thema. Er hatte seit langem herausgefunden, daß
jeder eine andere Auffassung darüber hatte ,wofür der Krieg
ausgefochten worden war.
Ein Weilchen herrschte ziemlich feindlich anmutendes
Schweigen.
«Ich weiß nicht, wozu das alles noch führen soll», nahm nach
einiger Zeit die alte Dame das Gespräch wieder auf. «Ich
komme jedes Jahr für einen Monat her. Mein Mann starb hier
vor sechzehn Jahren. Er liegt hier begraben. Und sooft ich
komme, ist es schlimmer bestellt um dieses Hotel. Das Essen ist
bald ungenießbar. Wiener Schnitzel! Das ist zum Lachen.
Schnitzel! Das hat es früher nicht gegeben, solchen Firlefanz.
Kalbsschnitzel oder Schweinsschnitzel, aber nicht gehacktes
Pferdefleisch!»
Poirot nickte in betrübtem Einverständnis.
Die alte Dame hüstelte und überließ sich dann mit
ungezügelter Energie ihrem Ärger, froh, in Poirot einen Zuhörer
gefunden zu haben.
«Und wie die Frauen heutzutage herumlaufen! In Hosen! Du
lieber Himmel, sie würden darauf verzichten, könnten sie sich
von hinten sehen. Und wie sie sich gebärden, es ist eine
Schande. Laufen jedem Mannsbild nach, das sie nur von weitem
sehen. Keine Röcke mehr, wie sich s gehört, kein ordentliches
Benehmen mehr. Und was tragen sie auf dem Kopf? Keinen
Hut, Gott bewahre, nein, irgendein buntes Stück Tuch wickeln
sie sich um ihr gefärbtes Haar. Dazu schmieren sie sich
Schminke ins Gesicht und lackieren sich nicht nur die
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Fingernägel, sondern auch noch die Fußnägel. Pfui Teufel! Als
ich jung war, führte man sich anders auf.»
Poirot musterte die erzürnte grauhaarige alte Dame verstohlen.
Es schien ihm unvorstellbar, daß sie einmal jung gewesen sein
sollte.
«Steckte doch neulich eines von diesen frechen Dingern den
Kopf da zur Tür herein. Einen orange Schal um den Kopf
geschlungen, Hosen an und das Gesicht ein einziger Farbfleck
von Rouge und Puder. Ich habe ihr einen Blick zugeworfen! Nur
einen Blick. Sie hat ihn verstanden und ist verschwunden.»
Ein Schnauben der Entrüstung wurde eingeschaltet. Dann ging
es weiter.
«Sie gehörte nicht zu den Gästen des Hotels. Diese Sorte
wohnt zum Glück noch nicht hier. Was hatte sie dann im
Zimmer eines Mannes zu suchen, frage ich Sie?
Widerlich ist es, jawohl. Ich habe mich bei der Lippincott
beschwert, aber die ist nicht viel besser als der Rest. Die läuft
eine Meile weit, wenn es um ein Mannsbild geht.»
Ein Anflug von Interesse wurde in Poirot wach.
«Sie kam aus dem Zimmer eines Mannes?» erkundigte er sich.
Die alte Dame spann nur zu gern ihr Lieblingsthema weiter.
«Aus dem Zimmer eines Mannes, jawohl. Ich habe es mit
meinen eigenen Augen gesehen. Aus Nummer 5.»
«Wann war das, Madame? Ich meine, an welchem Tage?»
«Am Tage, bevor die Geschichte mit dem Mord hier alles
drunter und drüber gehen ließ. Ich begreife nicht, wie so etwas
in einem anständigen Hotel geschehen kann.»
«Und um welche Tageszeit war es?» forschte Poirot weiter.
«Tageszeit? Abend war es. Spät am Abend obendrein. Nach
zehn Uhr. Ich bin meiner Sache sicher, denn ich gehe
allabendlich eine Viertelstunde nach zehn Uhr zu Bett. Und an
jenem Abend, gerade wie ich die Treppe hinaufgehe, kommt
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dieses Frauenzimmer aus Nummer 5 heraus, ohne sich im
geringsten zu schämen. Starrt mich an, macht dann kehrt und
unterhält sich mit dem Mann bei offener Türe.»
«Sie haben ihn gesehen und sprechen gehört?»
«Gesehen nicht, aber gehört. ,Mach, daß du wegkommst, ich
hab genug von dir. Das hat er gesagt. Eine schöne Art, mit
Frauen umzugehen, aber diese Sorte verlangt ja nichts
Besseres.»
«Und Sie haben diese Beobachtung nicht der Polizei
mitgeteilt?» fragte Poirot mit leisem Vorwurf.
Ächzend erhob sich die alte Dame. Poirot mit einem
stählernen Blick abgründiger Verachtung bedenkend, sagte sie:
«Ich habe noch nie etwas mit der Polizei zu tun gehabt. Ich
und die Polizei.»
Zitternd vor Empörung, das Haupt stolz erhoben, verließ sie
den Salon.
Poirot überließ sich ein Weilchen seinen Gedanken, bevor er
sich aufmachte, um Beatrice Lippincott zu suchen.
«Sie meinen die alte Mrs. Leadbetter», antwortete sie auf seine
Frage nach der alten Dame. «Sie kommt alljährlich her. Ganz
unter uns: sie ist eine Plage. Sie stößt die anderen Gäste
manchmal schrecklich vor den Kopf mit ihrer hemmungslosen
Kritik. Und sie will einfach nicht einsehen, daß sich die Zeiten
und damit die Moden geändert haben. Sie ist an die achtzig, da
kann man natürlich auch nicht mehr viel Einsicht verlangen.»
«Aber sie ist noch bei klarem Verstand?»
«Klarer als einem manchmal lieb ist», erwiderte Beatrice
lachend.
«Wissen Sie, wer die junge Dame gewesen sein könnte, die
den Ermordeten am Dienstag abend besuchte?»
Beatrice sah ihn verständnislos an.
«Ich habe keine Ahnung, daß Mr. Arden überhaupt Besuch
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bekam von einer Dame. Wie sah sie aus?»
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